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Emotionale Reaktionen und ihre Konsequenzen in den Griff bekommen

Dr. Kerstin Foell • 7. Februar 2023

Wie du typischen Reaktionsmustern entkommen und unnötige Konflikte vermeiden kannst

Wie du Gefühlausbrüche regulieren kannst


Ein Kollege sagt etwas zu dir. Du fühlst dich getriggert und reagierst entsprechend. Die Wogen schlagen höher, die Situation ist verfahren, nun herrscht erstmal Funkstille.


Situationen wie diese kennen sicherlich die allermeisten von uns. Manchmal entstehen jedoch Reaktions-Muster, die uns immer wieder vor die Füße fallen. Und mit denen wir uns selbst das Leben schwer machen.


Eine Coaching-Klientin von mir war im Job immer wieder in ähnliche problematische Situationen mit ihren Kollegen verwickelt. Sie war in leitender Funktion in der Eventbranche tätig und brachte regelmäßig neue Ideen in Projekte und interne Arbeitsprozesse ein. Doch statt begeistert oder dankbar von Mitarbeitern und Kollegen aufgenommen zu werden, schienen ihre Ideen immer wieder auf Unverständnis und Reaktanz zu stoßen. Das hatte zur Folge, dass sie sich zurückzog, immer weniger Ideen äußerte, die Kommunikation im Kollegenkreis einschränkte (oder gar für Funkstille über mehrere Tage sorgte) und zunehmend unzufrieden in ihrem Arbeitsleben war.


Was können wir tun, wenn wir beruflich oder auch privat in wiederkehrende zwischenmenschliche Konflikte und Situationen geraten, die aus welchen Gründen auch immer schief gehen?


Schritt 1: Transparenz in schwierige Situationen bringen 

Im Coaching erzählte meine Klientin von einem aktuellen Fall, in dem sie wieder einmal tolle Vorschläge eingebracht hatte, wenig Zustimmung bekam und sich dann schmollend zurückzog. Ich bat sie, zu überlegen, welche anderen Situationen ihr einfielen, in denen sie selbst und auch die anderen ähnlich reagiert hatten.


Schritt 2: Eigene typische Verhaltensmuster aufdecken

Um es ihr zu erleichtern, die eigenen Reaktionsmuster aufzudecken, nahmen wir ein Tool zur Hilfe, dass wir häufig in Coachings einsetzen: Ein spezielles Reiz-Reaktions-Modell, das auf dem ABC-Modell nach Albert Ellis basiert. Diesem liegt der Gedanke zugrunde, dass unsere Wahrnehmung von Situationen durch Bewertungen begleitet wird. Diese Bewertungen erfolgen in der Regel unbewusst und können ursächlich für wahrgenommene Konsequenzen in unserem Erleben und Verhalten sein. Das ABC-Modell differenziert zwischen A wie Auslöser, B wie Bewertung und C wie Konsequenzen (bzw. Consequences). Unsere Version des Reiz-Reaktions-Modells teilen wir ganz unten unter diesem Artikel.


In der praktischen Anwendung des Reiz-Reaktions-Modells zur Aufdeckung von Reaktionsmustern sieht das so aus (Reihenfolge A > C > B):

A. Führe dir die Situation vor Augen, die zu negativen Konsequenzen führte (deiner emotionalen Reaktion). Beschreibe diese kritische Situation und überlege, was der Auslöser war. Im Fall meiner Klientin war es das Einbringen von Verbesserungsvorschlägen und Ideen.

C. Beschreibe die Folgen bzw. Konsequenzen von A, d.h. deine Emotionen und dein Verhalten sowie das der anderen. In ihrem Fall war dies das (wiederholt) ausbleibende bis negative Feedback auf ihren Input.

B. Versuche dich daran zu erinnern, was dir in der Situation durch den Kopf ging (Trigger) – deine Bewertung der Situation. Sie hatte das Gefühl, dass die Kollegen ihre Vorschläge ablehnen und missbilligen und fühlte sich in der Folge unverstanden, nicht gesehen, nicht wertgeschätzt.


Schritt 3: Nutze deinen Handlungsraum zwischen Reiz & Reaktion und bewerte die Situation neu

Nun kommt "B neu": Überlege dir eine neue Bewertung von A, die C positiv beeinflusst. Halte dir vor Augen, dass deine subjektive Wahrnehmung deine Bewertung und in der Folge dein Verhalten beeinflusst.

Im Beispiel fragte ich die Klientin, woran sie merken würde, dass die Kollegen ihre Vorschläge ablehnen und missbilligen. Ihre Antwort: Sie würden hier und in ähnlichen Situationen immer wieder viele Rückfragen stellen. Sie selbst bewertete diese als Kritik. Ich bat sie, sich in die Haut ihrer Kollegen zu versetzen und sich selbst quasi in der dritten Person zu betrachten. Sie überlegte lange und sagte nach einer Weile, dass sie gedanklich sehr schnell sei und erwartete, dass die anderen mitziehen und sofort verstehen würden, was sie meinte. Möglicherweise sei sie aber viel zu schnell. Vielleicht erwartete sie von den anderen zu viel. Vielleicht bräuchten sie einfach weitere Informationen, um ihre Gedanken nachvollziehen zu können. Also handelte es sich möglicherweise nicht um Kritik, sondern um Verständnisfragen.

Auf die Frage, was sie selbst verändern könnte, um die Reaktion ihrer Kollegen und damit auch ihre eigene positiv zu beeinflussen, antwortete sie: Langsamer sprechen. Mehr Informationen vermitten. Von sich aus nachfragen, welche Fragen die anderen möglicherweise hätten. Ihnen Raum zum Nachdenken geben.


Apropos Raum: Zwischen einem äußeren (oder auch inneren) Reiz und unserer Reaktion gibt es einen Handlungsspielraum. Der österreichische Neurologe und Psychiater Viktor Frankl, der im zweiten Weltkrieg mehrere Konzentrationslager überlebte, bezeichnete diesen Raum als "die letzte der menschlichen Freiheiten". Alles andere kann uns genommen werden. Doch nicht, wie wir selbst auf eine Situation reagieren.



Wir haben nicht immer unter Kontrolle, was uns passiert. Aber wir haben immer in der Hand, wie wir darauf reagieren.


Wenn du immer wieder das Gefühl hast, von anderen nicht verstanden oder ungerecht behandelt zu werden, schaue auf dein eigenes Verhalten. Bringe Transparenz in Situationen und deine Reaktionsmuster, z.B. mit Support durch einen professionellen Coach und Anwendung geeigneter Tools wie das beschriebene Reiz-Reaktions-Modell. Damit verschaffst du dir die Möglichkeit, den Raum zwischen Reiz und Reaktion aktiv zu nutzen. Wenn du in Zukunft wieder in eine ähnliche Situation gerätst und durch einen bestimmen Reiz getriggert wirst, kannst du innehalten und dir deines Handlungsraumes bewusst werden. Und verhindern, wieder in die gleichen Reaktionsmuster zu verfallen.


Meine Klientin blieb dran – auch, indem wir im Coaching ihre Fortschritte besprachen und sie somit Rechenschaft ablegte. Sie wurde sich ihrer eigenen Bewertungsmuster zunehmend bewusst. Sie schärfte ihre empathischen Antennen und steigerte ihr Verständnis für die Wahrnehmung der anderen. Immer öfter gelang es ihr, ihren Handlungsspielraum zwischen Reiz und Reaktion zu nutzen, sich der Situation bewusst zu werden und sie nicht eskalieren zu lassen.


Je öfter du dir diese Mechanismen vor Augen führst (und somit dein Gehirn trainierst), desto wirkungsvoller wirst du den Raum zwischen Reiz und Reaktion nutzen und das Outcome positiv beeinflussen können.

Happiness is a decision!


Hinter MINDYARD The Energy Crew stehen maßgeblich die Unternehmer, Aussteiger, Coaches, Trainer und Autoren Dr. Kerstin Foell & Robert Stolle. Mit jeder Menge Herzblut, Knowhow und Ideen verhelfen wir Menschen und Organisationen zu mehr Erfolg & mehr Erfüllung. Durch maßgeschneidertes Life & Executive Coaching, Führungskräfte- und Teamentwicklung, Consulting zu Leitbild & Unternehmenskultur, Personality Profiling, Online-Kurse, Bücher und vieles mehr.

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Werke von Viktor E. Frankl:

z.B. "Über den Sinn des Lebens" (im Original: "Man's Search for Meaning", 1946)


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